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Tumorzellen mit den eigenen Waffen schlagen

Tumorzellen mit den eigenen Waffen schlagen

Erlanger Forscher entdecken Schwachstelle bei Krebszellen und wie sich diese ausnutzen lässt

Jedes Jahr trifft rund 500.000 Menschen die Diagnose Krebs. Dabei gehört Darmkrebs nach wie vor zu den häufigsten Tumoren im Erwachsenenalter. Tumoren entstehen, wenn Zellen sich unkontrolliert teilen, weil sie nicht, wie vorgesehen, nach einer bestimmten Zeit sterben. Forscher der Friedrich-Alexander-Universität Erlangen-Nürnberg (FAU) haben nun herausgefunden, wie sich die Strategie der Tumorzellen gegen diese selbst richten lässt, indem sie eine erst kürzlich entdeckte Form des programmierten Zelltodes ausnutzen. Die Ergebnisse der Studie sind im "Journal of Experimental Medicine" veröffentlicht worden.

Verändern sich Zellen im Körper zum Beispiel aufgrund irreparabler Schädigung der DNA, so werden Mechanismen der Selbstkontrolle aktiviert. Ein solcher Kontrollmechanismus ist die Apoptose, eine Art programmierter Zelltod, der bei gesunden Menschen verhindert, dass Zellen sich unkontrolliert vermehren können. Das Tückische an Krebserkrankungen: Im Tumor ist dieses Gleichgewicht zwischen Zellerneuerung und Zelltod fehlgesteuert. Die Krebszellen inaktivieren nämlich häufig genau jene Gene, die die Apoptose auslösen ‒ die Zellen teilen sich unkontrolliert weiter.

Seit vielen Jahren zentrales Thema der Forschung

Die Forschung versucht seit vielen Jahren den Zelltod zu beeinflussen. Das Team um Prof. Dr. Christoph Becker, Inhaber der Professur für Molekulare Gastroenterologie und Leiter der Forschungsabteilung der Medizinischen Klinik 1 - Gastroenterologie, Pneumologie und Endokrinologie (Direktor: Prof. Dr. Markus F. Neurath) des Universitätsklinikums Erlangen, hat nun entdeckt, dass sich Krebszellen die Fähigkeit der Apoptose zu widerstehen, teuer erkaufen. Denn diese Resistenz macht die Krebszellen für eine weitere, erst vor kurzem entdeckte Form des Zelltodes empfindlicher: der programmierten Nekrose.

Zellen haben einen eingebauten Sicherheitsmechanismus. Ist nämlich die Apoptose blockiert, wie dies häufig bei Tumoren vorkommt, so kann in machen Zellarten ein Reserveprogramm aktiviert werden, die sogenannte Nekroptose. Interessant dabei: Je weniger der für die Apoptose wichtigen Moleküle in der Tumorzelle vorhanden sind, desto empfindlicher scheinen diese gegenüber der Auslösung programmierter Nekrose zu sein.

"Dies haben wir uns zunutze gemacht", sagt Prof. Dr. Becker. Der Wissenschaftler und sein Team stellten im Labor Tumorzellen her, die kein oder nur wenige Mengen des Apoptose-Moleküls Caspase-8 produzierten. Stimulierten sie in diesen Zellen einen bestimmten Signalweg, der für die Regulation des Zelltodes verantwortlich ist, mit einem synthetischen Molekül, welches ein Überlebenssignal blockiert, so starben alle Tumorzellen in kürzester Zeit. "Wir konnten in den Versuchen also Tumorzellen, die unzureichende Mengen eines für die Apoptose wichtigen Moleküls Caspase-8 bilden, durch Nekroptose abtöten", erklärt der FAU-Forscher.

Die Studie zeigt also, dass es möglich ist, die Strategie von Tumorzellen dem Zelltod zu entgehen, gegen diese selbst zu richten. "Nur die Apoptose-resistenten Tumorzellen starben, gesunde und unveränderte Zellen blieben dagegen am Leben", freut sich Doktorand Gui-Wei He. Der Biologe schreibt in der Arbeitsgruppe seine Doktorarbeit. Durch die neuen Erkenntnisse Beckers und seines Teams lassen sich zukünftig vielversprechende Ansatzpunkte für neue Therapieformen zur effizienteren und spezifischen Krebsbehandlung finden, auch wenn es von den jetzigen Forschungsergebnissen bis zu einer Anwendung am Menschen noch ein weiter Weg ist.

Die Ergebnisse der Untersuchung wurden unter dem Titel: "Regression of apoptosis-resistant colorectal tumors by induction of necroptosis in mice" (Doi: 10.1084/jem.20160442) im "Journal of Experimental Medicine" veröffentlicht.

Quelle: uni | mediendienst | forschung Nr. 40/2017

Weiter Informationen:

Prof. Dr. Christoph Becker
Telefon: 09131 85-35886
E-Mail: christoph.becker(at)uk-erlangen.de